Friedrichstadt – ein kurzer historischer Überblick

Wie alles begann

Die Geschichte von Friedrichstadt begann bereits fünfzig Jahre vor der eigentlichen Gründung der Stadt. Im Jahr 1570 ließ Herzog Philipp von Gottorf die Treene abdämmen und durch ein System von Sielen und Schleusen in die Eider einleiten. Dadurch entstand eine künstliche Insel zwischen beiden Flüssen, die Herzog Friedrich III. niederländischen Glaubensflüchtlingen als Siedlungsplatz anbot.

Die Stadtgründung

Am 21. September 1621 wurde der Grundstein für das erste Haus in Friedrichstadt gelegt. Herzog Friedrich III. hatte den niederländischen Siedlern weitreichende Privilegien gewährt. Neben Religionsfreiheit auch Zoll- und Steuerfreiheit für zwanzig Jahre, freie Holzlieferungen, Darlehen, die Gründung einer Schiffsbaukompanie und das Markt- und Münzrecht.
Friedrich III. erhoffte sich von den neuen Siedlern Steuereinnahmen und die Umgehung des Hamburger Zwischenhandels. So wollte günstiger er an begehrte Importwaren herankommen, die er für seine Hofhaltung auf Schloss Gottorf benötigte.
In den folgenden Jahren errichteten die Siedler eine Stadt nach niederländischem Vorbild, mit künstlichen Wasserstraßen, giebelständigen Häusern und einem rechtwinkligen Stadtplan. Auch die Verfassung der Stadt und ihre Verwaltung wurden nach niederländischem Vorbild organisiert.
Bis in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden die Ratsprotokolle auf Niederländisch verfasst. In den Kirchengemeinden der Remonstranten und Mennoniten wurde bis in 19. Jahrhundert hinein in dieser Sprache gepredigt. Noch heute wird in der Remonstrantenkirche der Segen und das „Vater unser“ auf Holländisch gesprochen.

Die Beschießung 1850 – Friedrichstadts Inferno

Vom 29. September bis zum 4. Oktober 1850 war Friedrichstadt Kriegsschauplatz in der Auseinandersetzung zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark um die Unabhängigkeit Schleswig-Holsteins. Dänische Truppen hatten die mit ihrem Übergang über die Eider strategisch wichtige Stadt besetzt, die Schleswig-Holsteiner wollten sie zurückerobern.
Von ihren Kanonenbooten auf der Eider aus beschossen sie die Stadt. Durch das Bombardement brannten 137 Häuser nieder, darunter das Rathaus und die Kirche der Remonstranten. 285 Häuser waren mehr oder minder stark beschädigt, zahlreiche Menschen wurden verwundet oder getötet, viele Bürger büßten ihren gesamten Besitz ein. Den schleswig-holsteinischen Truppen gelang es nicht, die Dänen zu vertreiben. Sie verloren ihren Kampf um ein unabhängiges Schleswig-Holstein und hatten dabei eine Stadt geopfert, in der viele Befürworter dieser Unabhängigkeit lebten.
Für Friedrichstadt war die Beschießung eine wirtschaftliche Katastrophe. Viele Bürger hatten ihre Lebensgrundlage verloren. Zwar bemühte man sich, die Stadt schnell wieder aufzubauen, und dabei den ursprünglichen Grundriss zu bewahren. Doch gingen wertvolle Zeugnisse der niederländischen Kultur durch das Bombardement verloren.
An die Beschießung Friedrichstadts erinnern einige Gedenksteine, u. a. an der lutherischen Kirche und auf dem Stadtfeld. Eine ganze Wand voller Kanonenkugeln findet man am südlichen Ende der Stadt, Am Fürstenburgwall 1.

Religiöse Vielfalt in Friedrichstadt

Heute gibt es in Friedrichstadt bei 2500 Einwohnern fünf verschiedene Glaubensgemeinschaften: Remonstranten, Lutheraner, Mennoniten, Katholiken und dänische Lutheraner feiern hier ihre Gottesdienste. Die ehemalige Synagoge und zwei Friedhöfe zeugen vom einst blühenden jüdischen Leben, das durch die NS-Zeit ausgelöscht wurde.

Trockenlegung 1570
Abdämmung der Treene 1570
Die Ichnographia Friedericopoleos von G. I. E. Coch ist die erste genaue Karte von Friedrichstadt. Sie wurde um 1735 in Nürnberg gedruckt. Am unteren Bildrand sieht man ein Stadtpanorama von Süden.
Die Ichnographia Friedericopoleos von G. I. E. Coch ist die erste genaue Karte von Friedrichstadt. Sie wurde um 1735 in Nürnberg gedruckt. Am unteren Bildrand sieht man ein Stadtpanorama von Süden.
Die Lithographie von P.J. du Ferrang: Flucht der Bürger aus dem brennenden Friedrichstadt am Abend des 4. Oktober 1850
Die Lithographie von P.J. du Ferrang: Flucht der Bürger aus dem brennenden Friedrichstadt am Abend des 4. Oktober 1850

Ein Gespräch mit dem Stadtgründer Herzog Friedrich III.

Christiane Thomsen: Wie darf ich Sie ansprechen?

Friedrich: Herr Gottorf genügt.

Lieber Herr Gottorf, ich freue mich, dass Sie sich heute die Zeit genommen haben, mit mir über Ihre Stadt zu sprechen.
Zunächst einmal:  Wie gefällt Ihnen Friedrichstadt?

Ich bin begeistert, was für ein hübsches, kleines Städtchen meine Friedrichstadt geworden ist. Mich wundert nur eins: Warum höre ich auf den Straßen kein Holländisch?

Es wird noch holländisch gesprochen, allerdings nur im Gottes­dienst der Remonstranten. Und da auch nur vom Pastor. Ehrlich gesagt, versteht heute hier kaum noch einer diese Sprache. Wir unterhalten uns auf Deutsch.

Ach so, die Remonstranten gibt es also noch? Wie steht es denn mit den anderen Religionen?

Es gibt Remonstranten, Mennoniten, Lutheraner, Katholiken und dänische Lutheraner, die hier regelmäßig Gottesdienste feiern.

Wie schön, dass es mit dem Zusammenleben der verschiedenen Religionen so gut geklappt hat. Das war nicht vorauszusehen, als ich die Stadt gegründet habe! Damals führte man Krieg um die wahre Religion, und eine religiöse Freistatt zu erlauben, war ein gewagtes Experiment!

Ja, und im Laufe der Zeit gab es auch immer wieder vereinzelt Spannungen der Glaubensgemeinschaften untereinander. Oft lag das an einzelnen Personen, aber im Großen und Ganzen klappte das Miteinander recht gut. Nur vor 80 Jahren, da gab es eine Zeit, als von Staats wegen Menschen wegen ihres Glaubens verfolgt und sogar ermordet wurden. Deshalb gibt es auch heute keine jüdische Gemeinde mehr in unserer Stadt.

Wie bitte? Das kann ich kaum glauben.

Ein dunkles Kapitel in unserer Geschichte. Doch zurück zu Ihrer Ausgangsfrage: Die Holländer waren maßgeblich am Aufbau unserer Stadt beteiligt, doch stets in der Minderheit. Viele Menschen aus der Region, aber auch aus anderen Gegenden Deutschlands siedelten sich hier an und sprachen natürlich ihre eigene Sprache. Die Ratsprotokolle und Kirchenbücher der Remonstranten und Mennoniten wurden jedoch noch recht lange auf Niederländisch verfasst.

Apropos Ratsprotokolle. Was ist eigentlich mit dem schönen Rathaus passiert, das hier früher am Marktplatz stand. Heute sehe ich dort ein großes gelbes Gebäude mit der Aufschrift „La Trattoria“?

Auch ein trauriger Punkt unserer Geschichte. Unsere Stadt wurde 1850 von schleswig-holsteinischen Truppen in Schutt und Asche gelegt. Es ging in einem Krieg um die Unabhängigkeit Schleswig-Holsteins vom Königreich Dänemark, und Friedrichstadt war sozusagen zwischen die Fronten geraten. Danach wurde die Stadt buchstäblich auf den Ruinen wieder aufgebaut.

Ja, Kriege zwischen unseren Ländern gab es recht häufig. Wie steht es denn heute damit?

Seit 1945 herrscht hier Frieden.

Oh, möge dies noch lange andauern! Mein Plan war ja, mit Friedrichstadts Hilfe den teuren Hamburger Zwischenhandel zu umgehen und eine eigene Handelsstadt zu bauen. Ist das eigentlich gelungen?

Naja, eine Großstadt ist Friedrichstadt nicht geworden. So recht wollte es auch mit dem internationalen Handel nicht klappen, obwohl Sie ja einen Handelsvertrag mit den Spaniern abgeschlossen und sogar eine Expedition nach Persien gesandt hatten. Aber Handel und Wandel gibt es hier heute trotzdem.

Das sehe ich! Die Prinzenstraße und der Marktplatz sind doch sehr belebt. All die kleinen Geschäfte! Und was man da alles kaufen kann: Tassen und Kannen, Blumen, Honig und Fleisch, Kleider, Bücher und Schmuck. Herrlich! Kaffeetrinken und Kuchen essen kann man… all die Menschen, die dort sitzen und ihre Getränke genießen. Das gab es zu meiner Zeit nicht. Kaffee war ein Luxusgetränk! Wächst ja auch nicht in unseren Breitengraden. Aber wo bekommen die Friedrichstädter denn ihr Essen her?

Man kauft das Essen heute im Supermarkt. Dort bekommt man Waren aus aller Welt.

Etwa auch Zitronen, Apfelsinen und Gewürze?

Ja, das sind keine Luxusgüter mehr, sondern Waren des täglichen Gebrauchs.

Erstaunlich. Mir fällt auch auf, dass die Menschen sich in bunten Blechkästen fortbewegen, die ohne Pferde fahren. Viele davon stehen auch vor den Häusern herum. Hat denn heute jeder eine solche pferdelose Kutsche? Naja, hat ja auch einen Vorteil: keine Pferdeäpfel auf den Straßen.

Die Blechkisten heißen Autos, und man kann mit ihnen sehr weite Strecken zurücklegen.

Wie lange braucht man denn von hier nach Schloss Gottorf? Das war immer eine halbe Tagesreise. Und sämtliche Knochen taten mir weh, so sehr wurde ich durchgeschüttelt in meiner Kutsche.

Eine gute halbe Stunde, dann ist man da.

Ich wollte ja damals auch die Schifffahrt stärken, da man auf dem Landwege so schlecht voran kam. Gibt es denn noch die Schiffswerft? Und fahren hier Schiffe auf den Burggräben? Werden Waren in meinem Hafen angelandet und über das Goldene Tor in die Stadt gebracht?

Die Werft gibt es schon seit über hundert Jahren nicht mehr, und Schiffe fahren heute nur zum Vergnügen auf dem Wasser. Man kann sich vom Schiff aus sogar die Stadt anschauen und etwas über ihre Geschichte erzählen lassen. Transportiert wird nichts mehr auf dem Wasserweg, jedenfalls nicht direkt in unsere Stadt. Dafür gibt es andere große Häfen.

Wie, man kann sich auf einem Schiff die Geschichte erzählen lassen? Das will ich doch gleich mal ausprobieren.

Herr Gottorf, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.